Mit dem Format „3 Fragen an…“ möchten wir Personen, die sich im kommunalen Bereich zu den Themen Diversität und Teilhabe aktiv sind, auf dem Blog zu Wort kommen lassen. Den Anfang macht Dr. Asmus Nitschke, der in Bremen das Projekt „ikö-Diversity“ leitet, dessen Kernstück die Ausbildung von Multiplikator*innen für Diversity Management ist.
Verraten Sie unseren Leser*innen bitte kurz, was Ihr (beruflicher) Bezug zu Diversität und Teilhabe in der Kommune ist?
Ich arbeite bei der Wirtschafts- und Sozialakademie der Arbeitnehmerkammer Bremen gGmbH (wisoak), einem Bremer Weiterbildungsträger, und bin dort seit Jahr und Tag zuständig für die Politische Bildung und interkulturelle Projekte. Seit rund zehn Jahren begleiten wir mit Hilfe von drittmittelgeförderten Projekten die interkulturelle Öffnung der bremischen Verwaltung („ikö-Bremen“) – durch Schulungen, Workshops und Qualifizierungen.
Bundesweite Aufmerksamkeit erhielten unsere Aktivitäten besonders aufgrund der von uns konzipierten (und mittlerweile auch anderen Ortes adaptierten) berufsbegleitenden Multiplikator*innen-Ausbildung zu Diversity Management in der öffentlichen Verwaltung. Ausgewählte Mitarbeiter*innen der bremischen Verwaltung werden dabei in die Lage versetzt, Fortbildungsimpulse zu Diversity und interkultureller Öffnung an Mitarbeiter*innen Bremer Behörden und Ämter weiterzugeben. Seit 2013 finden unsere Schulungen unter dem Dach des bundesweiten Großprojektes „IQ-Integration durch Qualifizierung“ statt. Unser Teilprojekt firmiert unter den Titel „ikö-diversity“, ich leite das Projekt.
Wie hat sich das Leben in der Stadt durch die Coronakrise verändert?
Mein ambivalenter, subjektiver, eher holzschnittartiger Gesamteindruck: Das öffentliche und kulturelle Leben in Bremen hat insgesamt Corona-bedingt gelitten, stellt sich ärmer, eingeschränkter und distanzierter dar. Corona hat die Themen Diversity und Interkulturalität zunächst in den Hintergrund gedrängt. Gleichwohl ist die Einrichtung einer Landes-Antidiskriminierungsstelle in Bremen nun beschlossene Sache. Dies ist ein wichtiger Teilerfolg. Geflüchtete werden anderseits offenbar wieder verstärkt, so mein Eindruck, als Bedrohung wahrgenommen, jetzt vor allem als potentielle Überträger*innen des Virus. Das politische Management der Krise, vor allem die Handhabung und Begleitung des Lock-Downs, wurde von der Bremer Bevölkerung mitgetragen und wohl auch überwiegend befürwortet. Die schrittweise Lockerung der Auflagen orientierte sich dann aber nach meinem Dafürhalten wieder zu sehr am Mainstream, berücksichtigte die besonderen Bedürfnisse von benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu wenig, wie z.B. denen, die mit Beeinträchtigungen unterschiedlichster Art zu tun haben (Alte, Behinderte) oder denen, die sozial ohnehin an den Rand gedrängt sind. Angestoßen durch Black Lives Matter wird zurzeit das Thema (Alltags-) Rassismus allgemein (und Racial Profiling im Besonderen) auch in Bremen, z.B. im Regionalfernsehen (Buten und Binnen) und in der hiesigen Lokalzeitung (Weser Kurier), breiter diskutiert.
Angenommen, Sie könnten sich eine Maßnahme wünschen, um Diversität und Teilhabe in der Kommune zu fördern. Welche Maßnahme wäre das heute (und warum)?
Ich persönlich würde es sehr begrüßen, wenn die Fürsorge für Arme hier in Bremen einen höheren Stellenwert bekäme, konkret wünsche ich mehr Innovations- und Experimentierfreude des Bremer Senats z.B. bei den Themen Wohnraumbeschaffung für Obdachlose und Wohnungslose, bei ihrer medizinischen Grundversorgung sowie bei der Bekämpfung der Kinderarmut, aber auch mit Blick auf das Thema Bedingungsloses Grundeinkommen (für Bedürftige).
Video zum Bremer IQ-Projekt „ikö-diversity“
Das Video stellt die Bremer Multiplikator*innen-Ausbildung „Diversity Management“ vor – am Beispiel der Stadtbibliothek Bremen, der Polizei Bremen, des Aus- und Fortbildungszentrums für den öffentlichen Dienst in Bremen und des Stadtteilmanagements Schweizer Viertel im Bremer Osten.